
Nachhaltige Wohnaccessoires aus Baumrinde | Designerin Sarmite will die Welt besser machen
Wir kaufen, kaufen, kaufen, und nach kurzer Zeit sind wir schon wieder überdrüssig und werfen weg, was eben noch der „heiße Scheiß“ war (es sei denn, es handelt sich um eines dieser zeitlosen und teuren Designermöbel, die nach 40 Jahren noch genauso cool sind wie damals. Aber Hand aufs Herz: Das ist in den seltensten Fällen so). Wie oft kaufen wir etwas im Affekt, weil es so hübsch ist, gerade so gut zu unserer Stimmung oder unserem Stil passt, wir es einfach haben wollen? Ist das verwerflich? Klares Jein. Wenn ich etwas wegwerfe, weil es mir nicht mehr gefällt, ist das schade. Man kann es verschenken, weiterverkaufen, ein Makeover starten. Ist okay. Richtig übel finde ich, wenn etwas kaputt geht, bevor ich es satt habe. Dieses „für den Müll produzieren“ ist reine Ressourcenverschwendung. Aber es geht auch anders. Ganz anders.
Auf der Messe „Ambiente“ in Frankfurt habe ich die Designerin und Materialforscherin Sarmite Polakova kennengelernt. An ihrem Messestand blieb ich stehen, weil es dort so herrlich nach Kiefernwald und Bienenwachs roch. Wir kamen ins Gespräch, und sie erklärte mir, was sie da entwickelt hat. Das Material mit dem sie arbeitet, PineSkins, ist die Rinde der Kiefer. In der Baumschnittindustrie werden Kiefern wegen ihres billigen Holzes geschätzt, das die Rinde des Baumes zu einem Abfallprodukt macht.
Sarmite will neue Wege des Denkens, Produzierens und Konsumierens gehen, die nicht zu den Müllmengen auf der ganzen Welt beitragen. Sie verleiht der Rinde einen neuen Zweck – sie wird eine lebende Erweiterung des Baumes, lange nachdem das Holz in Stücke geschnitten wurde. Sie verarbeitet die Kiefernrinde mit Naturstoffen so, dass sie lederähnliche Eigenschaften bekommt. Dieses weiche Material hat zwar nur eine Lebensdauer von wenigen Jahren. Doch gerade der Zerfall ist ein Teil des Produkts. Er stellt unsere Konsumgewohnheiten in Frage, indem wir auf langlebige Produkte hoffen, obwohl wir uns der kurzen Lebenszyklen bewusst sind.
„Das Ziel besteht darin, ein Gleichgewicht zwischen Realität und Fiktion zu finden, um zu suggerieren, dass neue Realitäten bereit sind, über die derzeit begrenzte Art und Weise, Bäume als Rohstoffe zu betrachten, zu entstehen.“
Sarmite Polakova, www.studiosarmite.com
Ich finde ihre Idee ziemlich grandios. Das Material hat eine tolle Struktur und Haptik, ist fest und gleichzeitig biegsam. Die Körbe und Teppiche aus PineSkin sind ein echter Hingucker. Die Kurzlebigkeit der Produkte? Kann man als Nachteil ansehen. Oder auch als Vorteil. Das Konzept kommt unserer Wegwerfgesellschaft zuvor. Die Produkte sind nicht von Dauer, genau wie unser Geschmack. Beides verändert sich ständig, und diese Veränderung und stete Bewegung finde ich sehr schön. Nur: Diese Produkte machen unser Müllproblem nicht größer, sondern kleiner.
Im Video erzählt Sarmite uns mehr von dem spannenden Material. Diese Designerin, die in Amsterdam und Riga lebt, sollte man im Auge behalten!


2 Kommentare
Susazuki
Das Material ist wirklich cool, eine ressourcenschonende und sinnesanregende Idee! Insbesondere der Korb ist nicht nur ein Augenschmaus, sondern man bekommt auch gleich olfaktorische Reaktionen …also genauer, schon beim bloßen Anblick steigt mir gleich ein würziger, fast schon saftig-frischer Geruch in die Nase und Assoziationen von Tabak und Lakritz sind auch nicht mehr weit. A propos Lakritz: Haribo-Schnecken zu Deko-Objekten verstricken, das wär’s doch auch mal! Hat man sich davon satt gesehen, könnte man sich durch Sattessen gleich des Abfallproblems entledigen. Nicht unbedingt figurfreundlich und gesund aber Gaumen- und sinnesfreudig allemal, vorausgesetzt natürlich man mag Lakritz.
Da hast Du auf der Ambiente mit Sarmite auf jeden Fall eine interessante Frau, mit einem unterstützenswerten Konzept aufgetan, Valerie! LG, Susazuki
Valerie
Hi Susazuki, vielen Dank für Deinen netten Kommentar! Wenn Du mit der Lakritzschnecken-Sache anfängst – ich wäre sofort dabei!! Die Sachen würden bei mir nicht lange halten 🙂 LG, Valerie