Kurztrip nach Helgoland. Boot von oben

Grön is dat Land, rot is de Kant, witt is de Sand | Drei Tage auf Helgoland

Gastbeitrag von Henrik

Fernreisen sind eine Erfahrung, die den eigenen Horizont erweitern wie kaum etwas Anderes. Aber es muss nicht immer die große weite Welt sein. Diese Erkenntnis habe ich zuletzt wieder bei einem Kurztrip auf die Insel Helgoland gewonnen. Dem Ort hierzulande, der sich wie kein anderer zum Horizonte erweitern eignet – im wahrsten Sinne des Wortes.

„Was willst Du da denn?“, „Da bist Du doch in einer Stunde einmal rumgelaufen…“ So und ähnlich fielen die Kommentare aus, wenn ich von meinem Plan berichtete, den knapp 50 Kilometer vom Festland entfernten, berüchtigten „Fuselfelsen“ für zweieinhalb Tage zu besuchen. Ehrlich gesagt hatte ich wenig Befürchtungen, mich dort zu langweilen. Erstens war ich nicht alleine, sondern mit meinem Freund dort, zweitens genieße ich gerne die Natur und drittens hatte ich mich vorher informiert, was man alles auf dem einen Quadratkilometer großen Eiland erleben kann. Angst hatte ich einzig vor dem Wetter, aber dann würde es zumindest noch den billigen Fusel geben…

Die Befürchtungen das Nordseeklima betreffend – vielleicht begründet, aber in diesen Tagen… Die Karibik würde blass vor Neid. Vom Ablegen in Büsum bis zur Ankunft am selben Ort – keine Wolke am weiten Himmel. Dazu eine See unbewegt wie ein Gartenteich. Fast langweilig. Wobei nein. Die zwei Sekunden, in denen ein Tümmler die „MS Funny Girl“ neben ihrem Bug begleitete waren spannend. Und der Rest: erholsam. Zwei Stunden Ruhe auf dem Sonnendeck mit einem Buch in der Hand. Der Witterung entsprechend geriet das Ausbooten mit den traditionellen Börtebooten zu einer wenig spektakulären, nichtsdestoweniger amüsanten Erfahrung, die nach wenigen Minuten an der Helgoländer Kaimauer unter den strengen Kommandos der Seeleute endete.

Zur Unterkunft ging es zu Fuß (es gibt auch einen Fahrstuhl) über 182 Stufen auf das Oberland, wo uns ein fantastischer Blick über die Nordsee erwartete. Dieser Ausblick wurde mit einem kühlen Bier noch ein wenig begossen, bevor uns eine erste Erkundung zu den Hummerbuden – mit einem weiteren Bier – sowie entlang der Hafenanlagen führte. Zurück auf dem durch den „Big Bang“ („Hell-Go-Land“, die Briten wollten die Insel 1947 mit der bis heute schwersten nichtnuklearen Sprengung für das Militär unbrauchbar machen und nahmen dabei eine komplette Zerstörung in Kauf) zerklüfteten Oberland folgte der obligatorische Rundgang auf dem drei Kilometer langen Klippenweg. Gerade wenn die Tagestouristen wieder auf dem Heimweg sind ein wahres Naturerlebnis. Nie hätte ich gedacht, dass man den Lummen und Tölpeln so nah kommen, sie so intensiv beobachten kann. Wirklich großartig! Nachdem der Tag wie im Fluge vergangen war, nutzten wir nach dem Abendessen die Gelegenheit, den Sonnenuntergang an der „Langen Anna“, dem Wahrzeichen der Insel, zu beobachten. Ein wunderschöner Abschluss eines wunderbar erlebnisreichen und erholsamen Tages.

Tag zwei sollte nun im Zeichen der Düne stehen. Die bei einer Sturmflut im Jahre 1721 abgetrennte Nebeninsel samt Flugplatz (Linienverbindungen nach Cuxhaven/Nordholz und Heide-Büsum) ist per Fähre in wenigen Minuten zu erreichen und hat einen vollkommen anderen Charakter als die schroffe, rote Felseninsel. Sanfte Sanddünen und endlose Strände breiten sich vor einem aus. Je nach Blickrichtung mit dem beeindruckenden Felssockel Helgolands im Hintergrund. An jedem der weißen Strände erwarten den Wanderer unzählige, sich in der Sonne aalende Seehunde. Die Verlockung, den harmlos, beinahe putzig wirkenden Meeresräubern ganz nahe zu kommen ist mehr als groß. Doch Achtung: Näher als 30 Meter sind verboten – wobei ich nicht schwören möchte, dass es nicht auch 25 oder 20 gewesen sein können. Man hat ja keinen Zollstock dabei… Auch hier: Ein für mich in Deutschland bisher unerreichtes, vor allem in dieser Intensität auch unerwartetes, Naturerlebnis. Nach dem abendlichen Osterfeuer, natürlich inklusive Bier, brachte uns die „Witte Kliff“ – bevor es durch Mensch und Gezeiten abgetragen wurde, überragte ein bis zu 50 Meter hoher weißer Fels die heutige Düne – zurück nach Deät Lun (Helgoländer Friesich „Das Land“), wo der Abend gemütlich dem Ende entgegenging.

Und schon war Tag drei angebrochen – und das ohne viele der vorher ins Auge gefassten Unternehmungen wie Bunkertour, Fotosafari mit dem Börteboot, Architekturführung, Inselmuseum oder die Dünenführung mitzumachen. Eine Führung durch das einstmals 14 Kilometer (!) lange Bunkersystem hätten wir allerdings gerne gemacht – war aber schon ausgebucht. Daher mein Tipp: Bei Interesse schon von Zuhause aus buchen! Ersatzweise waren wir dann Minigolfen – auch schön. Außer wenn man verliert… 😉 Und ganz zum Schluss wurde dann doch noch, wie es sich gehört, fuselfelsenmäßig zugeschlagen und zollfrei eingekauft. Der Aquavit wird dann vielleicht an einem gemütlichen Abend genossen, wenn das Wetter so ist, wie für Helgoland befürchtet.

P.S.: Wer die Felsnadel „Lange Anna“ (Helgoländer Friesisch Nathurn Stak) noch sehen möchte, sollte sich beeilen. Experten befürchten jeden Winter ein Einstürzen des durch tausende Risse durchzogenen Wahrzeichens.

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