Marrakesch | Reise in eine fremde Welt

Wenn man Lust auf ein Abenteuer hat, dann ist Marrakesch genau der richtige Ort. Schon der Name klingt verheißungsvoll und weckt bei uns Träume von 1001 Nacht, die durch Elias Canettis Erzählung „Die Stimmen von Marrakesch“ noch mehr angeheizt werden. Der, den ich liebe, der Professor und ich können es kaum abwarten, ins Flugzeug zu steigen. Als wir endlich ankommen, landen wir von der ersten Minute an in einer fremden Welt.

Wir starten an unserem ersten Abend im Epizentrum der Stadt, auf dem Jemaa el-Fnaa: Hier werden jeden Abend nach Sonnenuntergang die Garküchen aufgebaut. Schlangenbeschwörer, dressierte Affen, Spieler, Trommler und ein Laternenmeer machen den Platz in der Nacht zu einem magischen Ort. Von den Dachterrassen der umliegenden Cafés kann man dabei zuschauen, wie das Herz der Stadt sich langsam mit Leben füllt. Am besten isst man in einem der Cafés auch direkt zu Abend, denn die Preise sind trotz der zentralen Lage moderat; die Garküchen sind hingegen eine wahnwitzig teure Touristenfalle. Nach Einbruch der Dunkelheit kann man sich ins Getümmel stürzen, im Klang der Trommeln treiben lassen – und vielleicht einen ersten Blick in die Souks von Marrakesch werfen.

Für die Souks, den größten Basar im nördlichen Afrika, sollte man aber noch einen ganzen Tag einplanen – am ersten Abend wird die Zeit nicht reichen, denn die Geschäfte und Stände schließen um 22 Uhr. Im Gewirr der sich kreuzenden Gassen, die niemals zu schmal sind, dass nicht noch ein Moped hindurchbrettern könnte, kann man sich an den intensiven Farben, Gerüchen und Klängen berauschen. In einer unvorstellbaren Dichte reihen sich die Geschäfte und Stände mit Lederpantoffeln, Oliven, mit bunten Gewürzen überquellende Körbe, Fisch, Fleisch, handgeknüpften Wollteppiche und Taschen aneinander. Handeln ist ein absolutes Muss, auch wenn es anstrengend sein kein. Nachdem ich schon ziemlich feilsch-müde war, habe ich einen der Händler mal gefragt, warum er nicht einfach ein Preisschild an seine Waren klebt, wie wir das in Europa machen. „Das würde bedeuten, dass ich mich nicht um meine Kunden kümmere. Als würde ich sagen, kauft ein und geht weg. Durch das Handeln kommen wir miteinander in Kontakt. Ich zeige damit meine Wertschätzung“, erklärt er. Ich zeigte ihm daraufhin die meinige, indem ich eine angebotene Tasche von 350 auf 150 Dirham herunterhandelte. Ich denke, er hat sich gefreut; immerhin meinte er nach meinem letzten Angebot, er gehe jetzt beten. Auch das ist üblich, dass der Handel dann durch einen zweiten Mann abgeschlossen wird, damit der erste sein Gesicht wahrt.

Jardin Majorelle: Der Garten von Yves Saint Laurent

Der Jardin Majorelle gilt als einer der schönsten Gärten weltweit. Der französische Maler Jaques Majorelle legte ihn 1923 an, 1980 kauften der Modedesigner Yves Saint Laurent und sein Lebensgefährte Pierre Bergé den Garten und erweckten ihn zu neuer Pracht. YSL verfügte zu Lebzeiten, dass seine Asche hier verstreut werden solle und vermachte den Garten der Öffentlichkeit. Der Jardin Majorelle ist definitiv einen Besuch wert, jedoch kann man hier nicht herumflanieren, sondern muss, wie die viel zu zahlreichen Touristen, dem vorgezeichneten Pfad folgen.

Die Wüste von Agafay

Zu unseren unvergesslichen Ausflügen gehören die Quadtour im Hinterland von Marrakesch und der Abend in der Agafay-Wüste. Eigentlich will ich die Quadtour gar nicht machen, der Professor will aber unbedingt – und im Urlaub geht ja bekanntlich nix über einen zufriedenen Teenager. Wie sich herausstellt, ist diese Tour dann für alle ein Riesenspaß! Wir brettern im Affentempo durch die Steinwüste, durch einen Palmenhain und über eine Sandpiste. Zwischendurch machen wir Pause in einem Camp, wo es süßen Minztee, Oliven und Brot mit Honig gibt. Nach zwei Stunden haben wir die Klamotten voller Sand und ein fettes Grinsen im Gesicht.

Einfach magisch ist der Besuch in der Wüste von Agafay. In Berbertracht reiten wir auf Kamelen und klettern später einen Hügel hinauf, um der Sonne beim Untergehen zuzuschauen. Danach sitzen alle bei Trommeln und Gesang um ein Lagerfeuer, bis das Essen fertig ist: Tajine und Couscous im Berber-Camp.

Imlil und der Hohe Atlas

Zum Abschluss machen wir noch eine Tour, bei der ich zunächst unsicher bin, ob ich sie überhaupt schaffe: Eine Wanderung im Hohen Atlas bis auf 2600 Meter Höhe. Denn bei Reiseantritt habe ich eine Erkältung und bin eigentlich den ganzen Urlaub über ein bisschen angeschlagen. Ich fahre erstmal mit, die zwei Stunden mit dem Auto von Marrakesch bis ins Bergdorf Imlil, wo die Tour startet. Unser Bergführer Brahim schlägt vor, eine etwas kürzere und einfacherer Route zu nehmen, und ich sage ja. Gottseidank habe ich das getan! Die Landschaft ist traumhaft schön, die Bergluft bringt sogar meinen Husten zum Schweigen. Für mich geht es nur bis auf 2300 Meter Höhe, der Professor und der, den ich liebe, klettern noch 300 Meter weiter bergauf. Wir werden mit einem atemberaubenden Ausblick belohnt. Unter uns liegt das grüne Tal, in unserem Rücken die Gipfel des Hohen Atlas, wir sehen den höchsten Gipfelpunkt Nordafrikas, den 4167 Meter hohen, schneebedeckten Jebel Toubkal.

Dann, auf einem kargen, felsigen Plateau, schlagen Brahim und unser Koch ein Lager auf. Unser Esel hat den Aufstieg mühelos geschafft und knabbert an ein paar Gräsern, die er zwischen den Felsen findet, während Decken, Kochtöpfe und Gemüse abgeladen werden, um uns ein Festmahl mitten in den Bergen zu bereiten. Gestärkt und ausgeruht machen wir an den Rückweg. Der hat es in sich! Nach einigen Kilometern fangen meine Oberschenkel von der Anstrengung des Abstiegs an zu zittern, während der Professor die großen Felsen als Parcour nutzt und herumhüpft, als hätten wir nicht schon zehn Kilometer auf dem Buckel. Brahim wartet geduldig auf uns lahmen Enten; für ihn das Ganze wohl eher ein kleiner Spaziergang. Wie wir später erfahren, ist unser Guide ziemlich berühmt: Er ist in der „ZDF“-Reihe Africa from Above zu sehen und führte schon die BBC und National Geographic durch den Hohen Atlas. Seine Tour kann ich wärmstens empfehlen.

Was noch tun Marrakesch? Wenn ihr Zeit habt, besucht unbedingt einen Hamam. Nach der Badezeremonie, ausgestreckt auf einem heißen Stein, und einer anschließenden Massage fühlt ihr euch wie neugeboren. Lest am besten die Google-Rezensionen, bevor ihr einen Termin vereinbart. Denn nicht nur die Preise sind sehr unterschiedlich, sondern auch die Qualität. An Tajine, dem traditionellen nordafrikanischen Gericht, kommt man eigentlich nicht vorbei. Am Straßenrand gibt es überall frisch gepressten Granatapfelsaft, auf dem Markt auch Drachenfrucht, Orange und viele weitere Säfte. Unbedingt probieren! Wer im Urlaub nicht aufs Süppeln verzichten möchte, bekommt ihn in den wenigen Liquor-Stores der Stadt und im Supermarkt Carrefour. In den französischen Vierteln Gueliz und Hivernage bekommt man auch in einigen Restaurants Wein zum Essen. Aber wer braucht schon Alkohol, wenn man auf der Jagd nach Aladin in der Wunderlampe ist?

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